Oberflächenfunktionalisierung
TruContact® – Die Wahl der Zukunft für Immunoassays
Antikörper, die zur Detektion von Zielstrukturen eingesetzt werden, können mit der nachhaltigen TruContact®-Beschichtung schonend und kovalent auf Kunststoffoberflächen immobilisiert werden. Diese Technologie minimiert nicht nur die unspezifische Bindung unerwünschter Proteine, sondern führt auch zu einer höheren Empfindlichkeit und verringert den Antikörperverbrauch um bis zu 90 Prozent. Den Forschenden des Fraunhofer IZI-BB war bei der Entwicklung außerdem wichtig, dass die Beschichtung umweltverträglich ist. Sie basiert auf ungiftigen, pflanzlichen Rohstoffen.
Der Einsatz von Bioassays gehört in Krankenhäusern zur Routine, um biologische Moleküle, Toxine, Viren und Bakterien oder ganze Zellen nachzuweisen. Hochautomatisierte Labortechniken und streng kontrollierte Labore gewährleisten dabei präzise Ergebnisse. Eine wesentliche Voraussetzung für den Einsatz dieser Technologien ist die sorgfältige Probenvorbereitung. Häufig erfordern biologische Proben eine Verdünnung oder die Zugabe spezieller Pufferlösungen. Nur so können die Messstationen verlässliche Resultate liefern, da es in konzentrierten Proben leicht zu Kreuzreaktionen oder unspezifischer Bindung von Proteinen kommen kann. Zukünftig könnte eine nachhaltige Beschichtung der Assayplatten dazu beitragen, diese Verdünnungsschritte zu vermeiden, Reagenzien und Proben einzusparen und die Empfindlichkeit der Assays zu verbessern. Daran forschen Dr. Nenad Gajovic-Eichelmann und Dr. Marina Neumann vom Fraunhofer IZI-BB.
Ohne unspezifische Bindung in konzentrierten Proben messen
Biologische Proben aus Vollblut oder Serum sind sehr konzentrierte Medien, die neben der gesuchten Substanz eine Vielzahl anderer bioaktiver Moleküle enthalten. Die unspezifische Bindung von Proteinen ist ein bekanntes Problem bei Immunoassays, das üblicherweise durch eine Verdünnung der Proben minimiert wird. Allerdings führt diese Verdünnung auch zu einer Verringerung der Konzentration des gesuchten Analyten.
Dr. Gajovic-Eichelmann erklärt, dass die TruContact®-Beschichtung von Assayplatten den Nachweis hier auf mehreren Ebenen verbessern kann: »Durch unsere hydrophile TruContact®-Schicht erreichen wir eine besonders niedrige unspezifische Proteinbindung. Im Vergleich zu Assays auf Polystyroloberflächen ist es daher möglich, die Proben weniger stark zu verdünnen: In der Regel genügt eine 1:2-Verdünnung.« In einigen Fällen konnten sogar unverdünnte Proben gemessen werden. Dadurch wird die Konzentration des Analyten nicht künstlich verringert. Das bietet zudem die Möglichkeit, mit einem noch geringeren Probenvolumen zu arbeiten und dennoch die gleiche Menge an Analyt nachzuweisen.
Mehr als 50 Prozent Ersparnis bei Antikörpern und Probe
In den standardmäßig für Bioassays verwendeten 96-Well Mikrotiterplatten aus Polystyrol, wird üblicherweise ein Probenvolumen von 50 bis 100 Mikrolitern verwendet. Moderne Pipettierroboter, wie sie in Krankenhäusern und vielen Labors zum Einsatz kommen, können zwar mühelos mit Volumina von 20 oder sogar 15 Mikrolitern umgehen. Allein bei kleineren Füllmengen würde der Boden der Wells nicht mehr vollständig benetzt sein, und fehlerhafte Testergebnisse wären die Folge. Wells, welche mit TruContact® beschichtet sind, benötigen für eine homogene Benetzung aber nur 15 Mikroliter. Die Kombination aus benetzender TruContact®-Oberfläche und Pipettierroboter könnte so mehr als 50 Prozent der Reagenzien und der biologischen Probe einsparen. Hydrophil beschichtete Oberflächen bieten Pipettierrobotern zudem den Vorteil, dass kleinste Dosiermengen von wenigen Mikrolitern auch ohne Abstreifen der Pipettenspitze an der Gefäßwand sicher und schnell in die Wells übertragen werden, selbst wenn diese trocken sind. Die Probe wird von der stark hydrophilen Oberfläche quasi »angezogen« und verteilt sich gleichmäßig im Well.
Innovative TruContact®-Technologie fördert Empfindlichkeit
TruContact® schafft eine hydrophile Oberfläche, die gleichzeitig chemisch reaktiv ist und sich hervorragend für ein schnelles Coating mit Funktionsmolekülen, wie Antikörpern, eignet. Im Gegensatz zu heute üblichen hydrophoben, hochbindenden Polystyroloberflächen basiert die Wechselwirkung mit Funktionsmolekülen wie Antikörpern bei TruContact® nicht auf Adsorption. Die Funktionsmoleküle werden stattdessen über eine kovalente Bindung irreversibel immobilisiert. Proteine, Enzyme, Peptide oder kleine Moleküle lassen sich über ihre nukleophilen Hydroxid-, Thiol- oder Aminogruppen an der Festphase fixieren. Dr. Marina Neumann betont, »die Bindung erfolgt dabei mit 15 bis 60 Minuten relativ schnell und außerordentlich schonend; nur ein kleiner Prozentsatz der Antikörper wird auf der Oberfläche denaturiert.« Im Vergleich zu Immunoassays in herkömmlichen Mikrotiterplatten mit adsorbierten Antikörpern lassen sich dadurch schon bei der Immobilisierung bis zu 90 Prozent Antikörper einsparen. Der hohe Anteil an aktiven, kovalent immobilisierten Antikörpern führt zu einer niedrigeren Nachweisgrenze im Vergleich mit adsorptiv gekoppelten Antikörpern. Diesen Effekt konnte Dr. Neumann bereits erfolgreich für einige Sandwich-ELISA (u.a. Myoglobin, CRP) und kompetitive ELISA (THC, Estradiol, human IgG) zeigen.
Vereint Langlebigkeit mit Kosteneffektivität
Reaktive Beschichtungen neigen dazu, durch Feuchtigkeit, Sauerstoff und Lichteinwirkung bereits nach kurzer Zeit inaktiv zu werden. Im Gegensatz dazu bleibt die TruContact®-Beschichtung selbst nach zwei Jahren Lagerung bei 45°C reaktiv und behält nahezu ihre volle Immobilisierungskapazität. Die auf ungiftigen, pflanzlichen Rohstoffen basierende Beschichtung ist dabei äußerst kostengünstig und kann mit einfachem Liquid-Handling-Equipment aufgebracht werden.