Sensorik für Straßenverkehr, Medizin und Umwelt
9,2 Mio. Euro BMBF-Förderung für Bündnis PolyChrome Berlin
Das Bündnis »PolyChrome Berlin«, das Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft in der Region Berlin-Brandenburg in sich vereint, hat sich für eine Förderung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) qualifiziert. Ab Frühjahr 2022 werden die beteiligten Partner im Rahmen des Förderprogramms »RUBIN – Regionale unternehmerische Bündnisse für Innovation« 9,2 Millionen Euro für die kommenden drei Jahre erhalten. Das Fraunhofer IZI-BB ist mit seiner Arbeitsgruppe »Funktionelle Nukleinsäuren – Aptamere« an dem Forschungsvorhaben maßgeblich beteiligt. Für seine Leistungen wird das Institut über 1 Million Euro erhalten. »PolyChrome Berlin« konnte sich im Rahmen des Förderaufrufs als eines von elf finanzierten Projekten gegen insgesamt 53 Bewerber durchsetzen.
Im Rahmen des Projekts wird das Bündnis »PolyChrome Berlin« eine hybride, photonische Integrationsplattform entwickeln. Die innovative Plattform wird Licht leiten und ablenken sowie erzeugen und nachweisen können. Das Forschungsteam erschließt mit der Plattform einen weiten Wellenlängenbereich von 400nm bis 1650nm, der von Infrarot bis zu sichtbarem Licht reicht. Außerdem arbeitet das Team an einem Zusammenspiel von polymer- und siliziumnitridbasierten Lichtwellenleitern. Durch diesen neuartigen Ansatz, kombiniert mit der hybriden Integrationsfähigkeit der Plattform, wird PolyChrome Berlin neue Anwendungen in der Sensorik und Analytik erschließen, die zugleich kostengünstig umgesetzt werden können.
»Im Vorgänger-Projekt ›PolyPhotonics Berlin‹ konnten wir bereits miniaturisierte, hybrid-optische Komponenten für Anwendungen in der Telekommunikation entwickeln,« sagt Crispin Zawadzki, stellvertretender Gruppenleiter »Hybrid PICs« am Fraunhofer HHI und Vorsitzender des Vereins PolyPhotonics Berlin e.V. »Ausgehend von diesem Erfolg weiten wir unsere Forschung nun auf den Bereich des sichtbaren Lichts aus, um neue Anwendungen in den Feldern Analytik und Sensorik, insbesondere der Bioanalytik hervorzubringen. Wir freuen uns sehr, dass wir weiter mit den uns aus PolyPhotonics Berlin e.V. bekannten Partnern zusammenarbeiten und gleichzeitig das Projektteam mit kompetenten Partnern, insbesondere für den neuen Bereich Bioanalytik erweitern konnten.«
»Wenn hier von Plattform die Rede ist, dann muss man sich Chips in der Größe einer Eincentmünze vorstellen,« erklärt Arne Schleunitz, Koordinator des PolyChrome-Projekts und technischer Geschäftsführer der micro resist technology GmbH. »Die kleine Plattform wird mit optischen Wellenleitern aus Polymer- oder SiN-Material und weiteren Funktionselementen, beispielsweise Glasfasern, ausgestattet. Außerdem kann die Oberfläche des Chips mit biologischen Fänger-Molekülen (Aptameren) für Anwendungen in der Analytik und Diagnostik versehen werden.«
Die Leistungsfähigkeit der PolyChrome-Plattform soll an sechs Demonstratoren, die in drei Gebiete unterteilt sind, aufgezeigt werden. Der Potsdamer Institutsteil für Bioanalytik und Bioprozesse des Fraunhofer Instituts für Zelltherapie und Immunologie (Fraunhofer IZI-BB) ist an der Entwicklung von zwei Demonstratoren schwerpunktmäßig in dem Gebiet SiN-Sensoren beteiligt. Hier handelt es sich um den Einsatz von aptamerbasierten SiN-Sensoren, die eine schnelle, kosteneffiziente und spezifische Messung verschiedenster chemischer und biologischer Stoffe ermöglichen. Mit diesem Verfahren können Gewässer innerhalb von Minuten auf Schadstoffe geprüft oder der Körper nach Vitamininsuffizienzen untersucht werden. Weitere Gebiete umfassen den Einsatz der faserbasierten Sensorik im Anwendungsfeld Glasfasernetze und von Multi-Lambda-Quellen als sichtbare Lichtquellen. Hier können Glasfasern als Sensoren genutzt werden, um die Umgebung, wie beispielsweise den Straßenverkehr, zu überwachen. Die Multi-Lambda-Quellen sollen Produkte im Consumer-Bereich wie RGB-Quellen erschließen bzw. als Lichtquellen in der Medizin oder Forschung eingesetzt werden.
Die Forschungsgruppe »Funktionelle Nukleinsäuren - Aptamere« ist in zwei von insgesamt fünf Verbundprojekten für die Entwicklung von aptamerbasierten Fängermolekülen und deren Integration in einen photonischen Biosensor verantwortlich. Diese Fängermoleküle ermöglichen die Erkennung von unterschiedlichen biologischen Zielmolekülen wie Bakterien, Viren, Proteinen und Niedermolekulare Verbindungen. »Für die schnelle und kostengünstige Generierung von Aptameren gegen unterschiedliche Zielmolekülklassen wird das Projekt den Aufbau einer Plattform-Technologie in Form eines vollautomatisierten in vitro Selektionsprozesses ermöglichen«, sagt Dr. Marcus Menger, Leiter der Arbeitsgruppe »Funktionelle Nukleinsäuren - Aptamere« am Fraunhofer IZI-BB.
Die 12 Partner decken mit ihren Kernkompetenzen die gesamte Wertschöpfungskette ab, die für den Aufbau der Technologieplattform und deren kommerzieller Verwertung notwendig sind. Zum Forschungsprojekt gehören neben dem Fraunhofer IZI-BB die weiteren Partner ADVA Optical Networking SE, Allresist GmbH, Chembio GmbH, Eagleyard Photonics GmbH, ficonTECService GmbH, Fraunhofer HHI, Laser Zentrum Hannover e.V., micro resist technology GmbH, OSRAM Opto Semiconductors GmbH, Scienion AG und VPIphotonics GmbH.
Auf den Photonic Days Berlin Brandenburg 2021 wird sich das Bündnis »PolyChrome Berlin« erstmals öffentlich präsentieren. Die internationale Innovationskonferenz wird in einem hybriden Format mit dem Präsenzteil in Berlin Adlershof veranstaltet werden. Im Rahmen eines Workshops werden alle Partner des Bündnisses »PolyChrome Berlin« ihre Teilprojekte einzeln vorstellen. Der Workshop findet am Dienstag, den 05.10.2021, 15:00 Uhr - 18 Uhr statt. Alle weiteren Informationen zum Programm und zur Anmeldungen finden sich auf der Webseite der Veranstaltung.