Mikrosysteme für In-vitro-Zellmodelle

Animation der Zelleinsaat und Assemblierung des Organ-on-Chip-Systems.

In-vitro-Zellmodelle werden als Krankheitsmodelle, für Wirkstoffscreening und Toxizitätstests sowie bei grundlegenden Untersuchungen zur Entwicklung und Organisation diverser Gewebearten eingesetzt. Basierend auf unserer Expertise in den Bereichen Zellbiologie, Materialwissenschaften und Beschichtungen, sowie Mikrosensorik und Mikrofluidik (Design, Fertigung und Integration) entwickeln wir Mikroreaktoren für Kurz- und Langzeituntersuchungen an Zellgewebe. Diese Reaktoren gewährleisten eine Zellkultur unter kontrollierten physiologischen Bedingungen. Die Integration von Mikrosensoren in diese Systeme ermöglicht es erstmals in Echtzeit Zellvitalität oder Stoffwechselprodukte bis zu einem Monat kontinuierlich zu vermessen. Im Vergleich zu konventionellen Endpunktmessungen bietet dieser Ansatz einen sehr viel direkteren Zugriff auf das Verständnis von Wirkstoffmechanismen. Neben Konzepterstellung und Entwicklung von Mikrobioreaktoren bieten wir die Durchführung von in-vitro-Untersuchungen zur Bewertung der Lebertoxizität von chemischen Stoffen an.

Grafik der Bestandteile unseres mikrofluidischen Organ-On-Chip-Systems
© Fraunhofer IZI-BB
Grafik der Bestandteile eines mikrofluidischen Organ-On-Chip-Systems.

 

Leistungsspektrum

  • Design und Herstellung mikrofluidischer Systeme im Hinblick auf zellspezifische Anforderungen
  • Automatisierung
  • Sensorintegration (Sauerstoff, pH-Wert, Glukose)
  • Toxizitätsscreening von Substanzen (Auftragsmessungen)
Mikrosysteme für in-vitro-Zellmodelle
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(links) Zellen werden zusammen mit den optischen Sensorpartikeln in einer 3D Matrix eingebettet und über einen darüber liegenden Kanal versorgt. (mitte) Darstellung eines kontinuierlich durchströmten Kanals mit eingebetteten Kavitäten, die zur Aufnahme der Zellen und optischen Sensoren dienen. (rechts) Das Organ-on-Chip-System wird in eine automatisierte Umgebung integriert. So können parallel 12 unterschiedliche Konditionen getestet werden.

SkinMonitor: Mikrofluidische Systemplattform

auf Basis von Vollhautmodellen für sensorüberwachte Echtzeitanalysen

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Mikrofluidisches Lab-on-Chip-System zur sensorbasierten Untersuchung von Hautzellmodellen (Skin-on-Chip)

In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IGB entwickeln wir ein Testsystem für die Untersuchung kosmetischer Substanzen an Hautmodellen (Skin-on-chip). Hierzu werden 3D-In-vitro-Vollhautmodelle (Fraunhofer IGB) über ein mikrofluidisches System mit zell- und sensorbasierter Analytik (Fraunhofer IZI-BB) verknüpft. Die Integration optischer Sauerstoffsensoren ermöglicht eine Analytik der Zellvitalität in Echtzeit, während Reporterzellen des IGBs beispielsweise die Interleukin-Expression oder die Aktivierung sensibilisierender Signalwege anzeigen. Diese Kombination ermöglicht die Erhebung detaillierter Daten zur Toxizität von Testsubstanzen.

TumOC: Kolonkarzinom-Organoid-on-Chip

zur Aufklärung der Wirkungseffizienz von Krebsmedikamenten mittels Echtzeitmessungen der Zellvitalität

Mikrosysteme für in-vitro-Zellmodelle | TumOC_Chip und Organiode
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Kolonkarzinom-Organoid-on-Chip

In einem BMBF-geförderten Kooperationsprojekt entwickeln wir einen Kolonkarzinom-Organoid-on-Chip als Alternative zum Tiermodell im Kontext der präklinischen Wirkstoffentwicklung und der personalisierten Onkologie.

Unser Kooperationspartner CELLphenomics nutzt patienten-abgeleitete 3D-Zellkulturen (Organoide), unter anderem von kolorektalen Karzinomen, für individuelle Therapiescreenings im Hochdurchsatzverfahren und leitet daraus aussichtsreiche Therapien ab. In dem Projekt TumOC entwickeln wir gemeinsam ein Organoid-on-Chip-System (TumOC), das a) die physiologische Langzeit-Kultivierung der Organoide, b) die dynamische Behandlungen und c) die Messungen der Zellatmung in Echtzeit ermöglicht. Dadurch sind wir in der Lage, die Wirkungseffizienz von Krebsmedikamenten mittels Echtzeitmessungen der Zellvitalität aufzuklären. Durch die simultanen Messungen der Tumorheterogenität in Kombination mit Repeated-dose-Experimenten mittels einer Kaskade unterschiedlicher Zytostatika erlaubt unser TumOC-System die eindrucksvolle Möglichkeit, die Wirkungsweise individueller Kombinationstherapien zu testen und folglich prätherapeutisch vorherzusagen.

HepatoTox: Mikrofluidische Bioreaktoren

für in-vitro-Toxizitätsmessungen (Liver-on-a-Chip)

Mikrofluidische Bioreaktoren für in-vitro-Toxizitätsmessungen (Liver-on-a-Chip)
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Mikrofluidische Bioreaktoren für in-vitro-Toxizitätsmessungen (Liver-on-a-Chip)

Wir entwickeln in-vitro-Testverfahren für die Beurteilung der Langzeit-Toxizität von Wirkstoffen, um mittelfristig Tierversuche zu ersetzen. Das Aufrechterhalten der Vitalität und der funktionellen Eigenschaften von Zellsystemen über hinreichend lange Zeiten setzt dabei die kontinuierliche Überwachung der Kultivierungsbedingungen voraus. Die Konzentrationen von Glukose, Sauerstoff, sowie der pH-Wert des Zellkulturmediums im Bioreaktor sind hierbei die wichtigsten Parameter. Die kontinuierliche Messung dieser Größen erlaubt nicht nur eine rigorose Qualitätskontrolle, sondern liefert auch die Eingangssignale für einen automatisierten Betrieb des Mikroreaktors. Ein wesentlicher Teil der Aktivitäten der Arbeitsgruppe ist dabei der Entwicklung von Sensortechnologie und deren Integration in die Mikroreaktoren gewidmet. Die Herausforderungen ergeben sich dabei aus der Miniaturisierung und damit einhergehend aus den winzigen zur Verfügung stehenden Probenvolumina sowie den Anforderungen an die Langzeitstabilität.

ParOptiSens: Entwicklung partikelbasierter optischer Sensoren

für die Echtzeitanalyse von Stoffwechselvorgängen für In-vitro-Testsysteme

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Hier steht die Entwicklung von Mikrosensorpartikeln zur Echtzeit-Überwachung des Zustands lebender Zellen, die in künstlichen Umgebungen (in vitro) kultiviert werden im Fokus. Dieser Ansatz erlaubt eine schnelle und detaillierte Bewertung der Wirkung von Medikamenten oder toxischen Stoffen auf Zellproben in physiologischer Umgebung mit hohem Durchsatz und wird durch zwei wichtige Bereiche motiviert: 

  1. Patientenspezifische Therapien: Durch den Fortschritt in der Biomedizin ist bereits heute eine individuelle Untersuchung patientenspezifischer Gewebeproben möglich, um geeignete Wirkstoffe zu identifizieren, Nebenwirkungen zu minimieren und die Dosierung für Therapien anzupassen.
  2. Toxizitätsmessungen: Für die Bewertung von Pharmaka, Chemikalien und Kosmetika im Hinblick auf ihre Toxizität und Biokompatibilität sowie zur Untersuchung neuer Therapien in der Grundlagenforschung sollen zukünftig Ersatzmethoden für Tierversuche, d. h. in-vitro-Testsysteme, eingesetzt werden. Neben der ethischen Motivation ist der hohe Zeit- und Kostenfaktor von Tiermodellen Triebkraft für die Entwicklung und Etablierung derartiger Zelltests.

Das hier zu entwickelnde Messsystem soll die optische Analyse der Stoffwechselindikatoren Sauerstoff, Glukose und pH-Wert innerhalb des Zellgewebes in Echtzeit ermöglichen.

FormCell: Stellelemente aus Formgedächtnispolymeren

als funktionale Komponenten von Mikrobioreaktoren für Zellkulturen

Zusammen mit dem Fraunhofer IAP entwickeln wir neuartige Reservoire für die Freisetzung von Wirkstoffen und Signalmolekülen in Mikroreaktoren zur Steuerung und Manipulation von Zellkulturen mit hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung. Um eine gezielte biochemische Steuerung des Zellverhaltens zu bewerkstelligen, werden zentrale Funktionseinheiten, die aus extern ansprechbaren Steuerelementen basierend auf Formgedächtnispolymeren (FGPs) bestehen, in mikrofluidische Umgebungen integriert und mit Echtzeitmessungen der Zellvitalität kombiniert.

  • Design und Entwicklung von Mikrobioreaktoren für die Langzeitkultivierung anspruchsvoller Zellmodelle
  • Integration von Mikrosensoren in mikrofluidische Systeme zur Echtzeit-Erfassung von Kenngrößen in unmittelbarer Zellnähe und Zellmedien (z.B. Sauerstoff, pH, Glukose, Laktat)
  • Entwicklung von In-vitro-Testsystemen zur Bewertung der Toxizität von Chemikalien, pharmazeutischen Wirkstoffen und Bestandteilen von Kosmetika
  • Analyse von Zellen mittels vollautomatischer Fluoreszenzmikroskopie (CellSens + ScanR, Olympus)
  • Datenanalyse mit Deep-Learning-Technologie (ScanR + KI, Olympus) beispielsweise zur Charakterisierung und Quantifizierung von Zellpopulationen und markierter Zellstrukturen oder Proteine
  • Entwicklung und Herstellung funktionaler Beschichtungen für Anwendungen im Bereich Zellkultivierung und Tissue Engineering: Beschichtungen aus thermoresponsiven Polymeren zur Kontrolle der Zelladhäsion auf Zellkultursubstraten, Polyelektrolytschichten (Layer-by-Layer-(LbL)-Auftragung) als Reservoire für Biomoleküle zur Steuerung von adhärenten Zellen, Schichten (Self assembled monolayers (SAM)) aus Polymeren und Biomolekülen zur Verbesserung der Biokompatibilität synthetischer Oberflächen

Geräte

  • Durchlicht- und Auflichtmikroskopie mit Hellfeld-, Phasenkontrast-, Fluoreszenz-, Polarisations- und Totalreflexionseinrichtung (TIRFM), höchstauflösende optische Mikroskopie (SIM)
  • Sauerstoffmesssysteme (Opal, Colibri)
  • Konfokales Raster-Laser-Mikroskop (Meta510, Zeiss) mit 3D-Bildverarbeitung
  • Vollautomatisierte Fluoreszenzmikroskope für Zeitrafferaufnahmen lebender Zellen unter physiologischen Bedingungen (Time-Lapse-Mikroskopie mit Inkubationskammern) (CellSens; ScanR mit KI)
  • TIRF-Mikroskopie (Olympus)
  • Laser Tweezer / optische Pinzette mit Laser-Mikrodissektion (Palm / Zeiss)
  • Variable Mikrofluidik-Setups
  • Zellcharakterisierung: Zellfärbetechniken (z.B. Immunfluoreszenz), Transfektion mit fluoreszierenden Fusionsproteinen, Lebendfärbung, Proliferationstests
  • LabView zur Geräteansteuerung

  • Gehre C, Flechner M, Kammerer S, Küpper J-H, Coleman C D, Püschel G P, Uhlig K, Duschl C. Real time monitoring of oxygen uptake of hepatocytes in a microreactor using optical microsensors. Sci Rep (2020) 10, 13700.
  • Bavli D, Prill P, Ezra E, Levy G, Cohen M, Vinken M, Vanfleteren J, Jaeger MS, Nahmias Y. Real-time monitoring of metabolic function in liver-on-chip microdevices tracks the dynamics of mitochondrial dysfunction. PNAS (2016) 113, S. E2231-E2240.
  • Prill S, Bavli D, Jaeger MS, Schmälzlin E, Levy G, Schwarz M, Duschl C, Ezra E, Nahmias Y. A Real-Time Monitoring of Oxygen Uptake in Hepatic Microwell Bioreactor Reveals CYP450-Independent Direct Mitochondrial Toxicity of Acetaminophen multilayers. Archives of Toxicology, 90 (2016) 1181-1191. DOI dx.doi.org/10.1007/s00204-015-1537-2
  • Prokopovic VZ, Vikulina AS, Sustr D, Duschl C, Volodkin D. Towards an artificial extracellular matrix: Biopolymer based multilayers coated with gold nanoparticles. Assessment of biodegradation, molecular transport, and protein mobility. ACS Applied Materials and Interfaces 8 (2016) S. 24345-24349.
  • Prill S, Jaeger, MS, Duschl C. Long-term microfluidic glucose and lactate monitoring in hepatic cell culture. Biomicrofluidics. (2014) 8, 034102.
  • Renner A, Jaeger MS, Lankenau A, Duschl C. Position-dependent chemotactic response of slowly migrating cells in sigmoidal concentration profiles. Appl Phys A. (2013), 112(3), 637-645.
  • Madaboosi N, Uhlig K, Schmidt S, Jaeger MS, Möhwald H, Duschl C, Volodkin D. Microfluidics meets soft layer-by-layer films: selective cell growth in 3D polymer architectures. Lab Chip. (2012), 12, S. 1434-1436.
  • Felten M, Staroske W, Jaeger MS, Schwille P, Duschl C. Accumulation and filtering of nanoparticles in microchannels using electrohydrodynamically induced vortical flows. Electrophoresis. (2008), 29, 2987-2996.
  • Jaeger MS, Uhlig K, Clausen-Schaumann H, Duschl C. The structure and functionality of contractile forisome protein aggregates. Biomaterials. (2008), 29, 247–256.
  • Uhlig K, Jaeger MS, Lisdat F, Duschl C. A biohybrid microfluidic valve based on forisome protein complexes. J MEMS. (2008), 17(6), 1322-1328
  • Felten M, Geggier P, Jaeger M, Duschl C. Controlling electrohydrodynamic pumping in microchannels through defined temperature fields. Phys Fluids. (2006), 18, 051707.
  • Gast FU, Dittrich PS, Schwille P, Weigel M, Mertig M, Opitz J, Queitsch U, Diez S, Lincoln B, Wottawah F, Schinkinger S, Guck J, Käs J, Smolinski J, Salchert K, Werner C, Duschl C, Jäger M, Uhlig K, Geggier P, Howitz S. The microscopy cell (MicCell), a versatile modular flowthrough system for cell biology, biomaterial research, and nanotechnology. Microfluid Nanofluid. (2006), 2, 21–36.

Patente

  • Jaeger M, Prill S, Nahmias Y, Bavli D. Method and system for continous monitoring of toxicity. EP15160661.3 / US 2015/0268224 A1

  • GeSiM mbH, Großerkmannsdorf
  • University of Jerusalem, Israel
  • Universität Bielefeld
  • Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg
  • Universität Potsdam
  • Surflay Nanotec GmbH
  • CELLphenomics GmbH
  • ASC Oncology​​​​​​​